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Schauplatzwunden
Über zwölf ungewollt verknüpfte Leben

Erzählprosa
Wien 2020


191 Seiten, 12,5 x 19 cm
Hardcover mit Schutzumschlag


€ 20.-
ISBN: 978-3-7076-0707-9
Czernin

 

Zum Buch:

Zwölf Menschen sind durch ungeheuerliche Umstände und einen Schauplatz, den NS-Lagerkomplex Sankt Pantaleon-Weyer, unfreiwillig miteinander verbunden. Ludwig Lahers neue Prosa porträtiert Opfer, Täter und anderweitig von diesem Ort nachhaltig Berührte in zwölf scheinbar nüchtern alphabetisch gereihten Lebensgeschichten auf eindringliche Weise.

Niemand aus dem Dutzend hat nur Wochen davor geahnt, einmal mit dem abgelegenen Weiler am Rande des oberösterreichischen Innviertels in Verbindung gebracht zu werden. Unter ihnen finden sich u.a. ein Jurist mit erstaunlicher Karriere, ein extrem gewalttätiger Fleischhauer, ein schöngeistiger Germanist oder eine achtfache Mutter aus dem Schaustellergewerbe. Sie alle steuern von verschiedenen Seiten auf diesen Ort zu.

Dieses Buch ergänzt Ludwig Lahers Bestsellerroman von 2001 "Herzfleischentartung" und ist doch ein absolut eigenständiger, ungemein informativer und beklemmend aktueller Blick auf eine aus allen Fugen geratene, demokratiebefreite Gesellschaft.

 

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Kritikerstimmen:

Ludwig Laher ist in der florierenden österreichischen Literaturlandschaft noch einmal ein Sonderfall, ein beharrlicher Widerstandskämpfer gegen den kulturellen Stillstand der Gegenwart und das Vergessen des Vergangenen. Hier porträtiert er zwölf Schicksale, Opfer und Täter aus dem NS-Lager Weyer-Sankt Pantaleon. Großartig recherchiert und geschrieben.

(Heinz Sichrovsky, erLesen, ORF)

Ist da jemand, der diese aufwühlende Berichtserzählung Ludwig Lahers nicht in einem Zug lesen möchte? Diese Lektüre ist angesichts des Vergegenwärtigten kaum ohne Beklemmung, ja ohne Aufruhr und Entsetzen zu bewältigen. (...) Man wird von den erschütternden Inhalten wie von der poetischen Kraft dieses radikalen, auf jegliche fiktionalen Einschübe verzichtenden Schreibverfahrens mitgerissen. Das neue Buch ist, wie es Laher nennt, ein „Komplementärunternehmen“ seines Romans „Herzfleischentartung“, mit dem er vor etwa 20 Jahren zu seiner ihn auszeichnenden Poetik gefunden hat. (...) In „Schauplatzwunden“ (2020) wird vorrangig den Schicksalen von „konkreten Menschen nachgespürt“: den Opfern und widerstehenden Leidgeprüften, „Spielbällen der Verhältnisse“ allesamt, den aus ihren Löchern kriechenden sadistischen Tätern und faschistischen Schreibtischherren in einer Epoche des totalen Zivilisationsbruchs, den Mittuern, den angstbesetzten Schweigenden und Nutznießern und den „problematisch Eingebundenen“. Dafür hat Laher eine verblüffend einfache und erstaunlich wirklichkeitsnahe Form gefunden – „alphabetische Durcheinanderreihung“ der Menschenbilder nennt er das. Denn dieses Verfahren einer „Verzahnung“ von vielen verknäuelten Fäden führt die aufmerksam Lesenden zum sukzessiven Erkennen eines immer dichter werdenden Geflechts totalitärer Machtausübung. (...) Um solches berichtend erzählen zu können, braucht es einen versierten Berichterstatter, da das nicht ohne Kenntnisse etwa in der modernen Tätertypen-, Biographie- oder NS-Polykratieforschung geht, ebenso wenig ohne Wissen um die vom NS-System hergestellten zivilisatorischen Brüche im Bereich der Justiz, der Medizin und des gesellschaftlichen Lebens (z.B. Zerstörung der Rechtsstaatlichkeit, Beförderung des Verrats am hippokratischen Eid, rassistische Durchdringung des Lebens, sukzessive Abschaffung freien Lebens, prononciert utilitaristische und sozialdarwinistische Praxen) und genau so wenig ohne Wissen um den nach 1945 für sehr lange Zeit grosso modo empörend laxen Umgang mit dieser ungeheuerlichen Hypothek durch die Republik. Es muss ein beschlagener Rechercheur mit Genauigkeitslust sein, der sich relevantes zeit-, sozial- und institutionsgeschichtliches, aber auch psychologisches Wissen angeeignet hat, weiters die aktuelle Forschungslage kennt und mit dieser auch kritisch umzugehen weiß, um oft verdeckte und verschleierte Zusammenhänge herstellen, Lügengespinsten auf die Spur zu kommen und schließlich in einer packenden Erzählung ins Licht heben zu können. Es darf sich nicht um einen seelenlos maschinellen Beobachter und Sammler handeln, sondern um einen, der Wissen und zugleich Fantasiebegabung genug hat. Nur so einer kann das oft scheinbar Nebensächliche eines Dokuments oder einen verdächtigen Zungenschlag eines Zeitzeugen als das Ungeheuerliche decouvrieren.

(Karl Müller, Die Presse)

Laher hat in unzähligen Quellen recherchiert, hat viele Gespräche geführt mit Augenzeugen, Nachkommen, auch NS-Tätern. Und Laher nennt fast alle Namen. Die Abfolge der Porträts ist alphabetisch gegliedert, was sehr gut funktioniert - sind doch die Schicksale durch den Ort und dieselben Personen wie Lagerleiter oder -arzt miteinander verwoben. (...) Gerade solche Details sind sehr eindrücklich, das Lesen schmerzt. Die Schergen beschreibt Laher in ihrer dumpfen Brutalität. Etwa den Lagerverwalter Gottfried Hamberger, dessen Tätigkeit bestimmt ist von Korruption, dem Ausleben von Sadismus und immer viel Alkohol. (...) All das mag auf der Skala der NS-Gräueltaten nichts Besonderes gewesen sein. Aber die Berichte erzeugen mit ihren Einzelheiten eine ganz dichte Stimmung von Ohnmacht und Angst. Ludwig Lahers Absicht ist es dabei, so schreibt er, diese zwölf Menschen "in eine zeitlose Gegenwart zurückzuholen". Das ist ihm mit dem Buch gelungen.

(Patrick Guyton, Frankfurter Rundschau, taz)

Als Laher 2001 nach jahrelanger Recherche den Roman "Herzfleischentartung" über das Lager Weyer veröffentlichte, folgten heftige Reaktionen bei Lesungen. Die Schilderungen von Einschüchterung, Korruption, blanker Gewalt und Mord, begangen von "echten Österreichern", waren hart und ergreifend. Der Autor wurde mit neuen Informationen überhäuft, recherchierte weiter in Taufbüchern und Behördenakten, sammelte Familien-, Klassen- und Erstkommunionsfotos. Als wertvollstes Stück erwies sich eine verschollen geglaubte Liste aller Lagerinsassen. Jetzt liegt das Ergebnis dieser jahrzentelangen Anstrengungen in einem eindrucksvollen Buch vor. (...) Der Autor bleibt als Erzähler nicht im Hintergrund, sondern lässt den Leser an seinen Recherchen und Begegnungen, Funden und Schlüssen teilhaben. (...) Viel Sorgfalt und Liebe verwendet Laher auf jene, die durch Zufall in die Räder des NS-Vernichtungsregimes gerieten - wie etwa im merkwürdigen, ja rätselhaften Fall des Germanisten Edmund Haller, dessen Leben schließlich im KZ Dachau endet. Beeindruckend die diefferenzierte Studie über den Staatsanwalt Josef Neuwirth, der 1941 den brutalen Tätern von Weyer den Prozess machte und damit eine Machtprobe mit der oberösterreichischen Gauleitung rsikierte. So monolithisch war Nationalsozialismus also doch nicht. "Schauplatzwunden" führt mitten hinein ins Herz der Finsternis. Gerade dadurch, dass sich das Buch auf diese unterschiedlichen Lebensgeschichten rund um das Lager Weyer einlässt, gibt es den Blick frei auf eine Welt von schier unbegreiflicher Barbarei. Es ist auch ein Lehrstück darüber, wie schwierig es ist, die Opfer nicht zu vergessen und die Täter mit ihrem Vergessenwollen ins Visier zu nehmen.

(Alfred Pfoser, Falter)

Es brauchte nicht viel, um von den Nationalsozialisten interniert, massakriert und ermordet zu werden. Das rückt Ludwig Laher in seinem neuen Buch „Schauplatzwunden“ ins Bewusstsein, das wie seine Romane „Herzfleischentartung“ oder „Bitter“ sich um die vielen Einzelnen kümmert, die in die Opferrolle gedrängt wurden oder sich als Täter nach Belieben austobten. (…) Weil die Quellenlage dürftig ist, bleiben Leerstellen, die Laher nicht kraft seiner Fantasie auffüllt, sondern so stehen lässt. Das verschafft den Texten eine Nüchternheit, die Voraussetzung ist, um nicht Sachlichkeit durch Gefühl zu verwässern. (…) Es wäre ein Leichtes, ein Buch der Grausamkeiten abzuliefern. Laher hält sich zurück, solche breit auszumalen. Der Einzelne steht im Mittelpunkt, aber er ist Teil eines Systems, von dem er profitiert oder gedemütigt wird. Weniger als eine Sammlung von unterschiedlichen Charakteren ist dieser Band aufzufassen als vielmehr als eine Untersuchung über das Verhalten von Einzelnen in mörderischen Zeiten. Die Fakten reichen vollkommen, so kommt die Moralkeule nie zur Anwendung – das ideale Gegengift für jede Form von Extremismus.

(Anton Thuswaldner, Salzburger Nachrichten)

Zugegeben, es ist keine einfache Lektüre, die Laher anbietet. Wer sich darauf einlässt, sollte sich klar sein: Es wird unter die Haut gehen, es wird so radikal wie es eben war, so nüchtern und sachlich wie es eigentlich nur ein Sachbuch kann und doch so aufwühlend und berührend, ja erschütternd bis ins Mark zwölf Einzelschicksale, zwölf Leben, erzählen. Es sind nicht nur Opferschicksale, es sind auch Täter, die porträtiert werden. Der Leser begibt sich hinein ins Herz der Finsternis einer unglaublichen Tötungsmaschinerie. (...) Ludwig Laher schreibt nüchtern über die "Anständigkeit" eines Juristen, lässt freilich ein Fragezeichen stehen. Da gibt es keinerlei Schwarz-Weißzeichnung. Da gibt es viele Nuancen zwischen Gut und Böse. Laher dokumentiert wissenschaftlich versiert und penibel genau. Er liefert üppiges Anschauungs- und Belegmaterial für geradezu ins Bestialische losgelassene Menschenexemplare und dagegen mutig Widerstehende. (...) Es ist das Besondere an diesem Buch, dass sein Autor ein weites Netz knüpft, viele Lebenslinien weiterführt, die im Österreichischen wie im Bayerischen spielen. Eine "alphabetische Durcheinanderreihung" der skizzierten Menschenbilder nennt er das. Das Verfahren einer "Verzahnung" vieler Fäden führt zum großen Ganzen des Systems, vermag aber auch zu erklären, wie schnell Herrschende wie Beherrschte Teil desselben wurden. Mit knapp 200 Seiten liegt ein relativ dünnes Buch vor uns, das aber schwer wiegt, das Opfern ein Gesicht gibt, und den Tätern auch.

(Stefan Rammer, Passauer Neue Presse)

Was Laher mit diesen zwölf Biografien exemplarisch gelingt, ist der Nachweis, dass es für die damalige Bevölkerung unmöglich war, von den Vorgängen nicht betroffen zu werden. Die einen konnten vermeintlich ungestraft ihren niederen Instinkten freien Lauf lassen, die anderen versuchten mitten im Zusammenbruch aller moralischen Ordnung auf grotesk anmutende Weise dennoch auf Einhaltung rechtlicher Normen zu pochen. "Schauplatzwunden" offenbart einen ungenießbaren Cocktail aus Gewalt und Willkür, Verbrechertum und Vorteilsnahme, Brutalität und Absurdität, Zufall und Kalkül.

(Vorarlberger Nachrichten)

Ob der Wucht des Geschriebenen und der Wut über das Gelesene bereitet dieses Buch geradezu körperlichen Schmerz. Da glaubt man, schon alles über die mörderischen Abgründe der Ns-Zeit zu wissen, und dann fällt einem so ein Werk in die Hände. Ludwig Laher, hoch geschätzt von Historikern und Literaturkritikern, aber der breiteren Leserschaft noch sträflich unbekannt, widmet sich in „Schauplatzwunden“ den Ungeheuerlichkeiten im Ns-Lagerkomplex St. Pantaleon-Weyer (OÖ). (....) Laher porträtiert zwölf (reale) Opfer, Täter und anderweitig von diesem Ort nachhaltig Berührte und Beschädigte. Der Stoff ist literarisiert, aber die Menschen dahinter sind historisch belegt.

(Bernd Melichar, Kleine Zeitung)

Bereits 2001 recherchierte Ludwig Laher für Herzfleischentartung zum Wüten des Nationalsozialismus. (...) Aufgrund von Dokumenten und Gesprächen mit Zeugen und Nachkommen zeichnet Laher Opferschicksale nach. Im Zuge der "Behebung der Zigeunerplage" kommt etwa Maria Haas ins Lager, wo sie bald ein Kind zur Welt bringt. Dem Bub Rudolf ist nur ein kurzes Leben von vier Wochen beschieden, ehe er an "Lebensschwäche" verstirbt. Aufseiten der Täterklüngel heftet der Autor sich hingegen an die Spuren des stellvertretenden Lagerchefs Gottfried Hamberger, dem Fanatiker ist dank des Regimes der Aufstieg vom Maurer möglich geworden. Die menschenverachtenden Umstände in seinem Lager sind bald bekannt. Die Staatsanwaltschaft untersucht schon 1940 Fälle von Umgekommenen, doch auch nach dem Krieg kommt der Verantwortliche glimpflich davon. Laher schildert, wie wenige nicht auf Linie gebrachte Staatsanwälte wie Josef Neuwirth vergebens versuchen, den Rechtsstaat im Unrechtsregime zu wahren. Erschütternde Berichte.

(Michael Wurmitzer, Der Standard, "Lieblingsbücher 2020")

Das Außerordentliche an Ludwig Lahers Werk ist seine Wirkung über das Buch hinaus. (...) Durch die Einführung des Ich-Erzählers wird Identifikation ermöglicht. Der Leser könnte dieses Ich sein. Gleichzeitig gibt der Ich-Erzähler äußerste Objektivität vor. Er weiß besser Bescheid als Zeitzeugen, deren Erinnerungsapparat aus verschiedenen Gründen nicht ausreichend funktioniert. Der Ich--Erzähler verkörpert das historische Gedächtnis. Vage persönliche Erinnerungen werden mit exakten Recherche-Ergebnissen konfrontiert und in ihrer Brüchigkeit sichtbar gemacht. Dieses langwierige Verfolgen von Spuren und Entschlüsseln bürokratischer Rechtfertigungen verdeutlicht das Dilemma, radikal zerstörte Lebenswege nachträglich zu dokumentieren. (...) "Nichts ist vergangen", behauptet der Ich-Erzähler, und weist so auf sein Anliegen, aufzuzeigen, welche Langzeitfolgen eine nach dem Krieg nur teilweise erfolgte Entnazifizierung und Aufarbeitung hervorgerufen hat. Da in der Gegenwart jederzeit und überall die Gefahr eines Rückfalls droht, ist der Autor aufgerufen, sich auch jenseits seiner Schreibarbeit zu engagieren. Dieses Beharrungsvermögen und Lahers Mut, sich mit schuldhaften Verstrickungen, die bis heute nachwirken, anzulegen, sind wahrscheinlich einzigartig.

(Sabine Scholl, Literatenfunk)

Vor beinahe 20 Jahren hat Ludwig Laher aus den tausende Seiten umfassenden Originalakten (darunter ein umfangreicher Gerichtsakt aus dem Jahr 1940) über das Arbeitserziehungs-, dann Anhaltelager in Weyer den dokumentarischen Roman "Herzfleischentartung" geschaffen. Der Roman wurde von der Kritik hoch bewertet und ist literarturdidaktisch (etwa von Markus Benedikt) auch für den Schulunterricht aufbereitet. Die Geschehnisse zeigen beispielhaft die Barbarei in solchen Lagern und die Gewalt gegen Minderheiten. (...) So sind in dem Band zwölf biographische Skizzen versammelt, die einen Einblick in das Leben von Menschen geben, die der Schauplatz, der NS-Lagerkomplex St. Pantaleon-Weyer, verbindet. Darin werden Opfer und Täter, Frauen und Männer, Kinder und Erwachsene zusammengeführt, in deren Leben dieser Lagerkomplex eingeschrieben ist. (...) So sehr sich Ludwig Laher dabei auch an die Fakten hält, so wenig setzt er daran, sine ira et studio (ohne Zorn und Eifer) zu erscheinen, was angeblich Historiker beachten sollten. Liest man zuletzt immer wieder davon, dass das historische Wissen jüngerer Österreicherinnen und Österreicher laufend geringer wird, erscheinen Bücher wie "Schauplatzwunden" von besonderer Bedeutung.

(Helmut Sturm, literaturhaus.at)

Ein Ort im Innviertel, das SA-Lager Weyer-St. Pantaleon, an dem zwölf Leben verknüpft sind: Opfer der Nazis, Täter, und selbst peripher, neben dem Verbrechen, Unbeteiligte, indem sie sagen: Wo hintun hätte man die Leut' sollen, wo wir Nachbarn nichts von dem Leid und dem Dings gesehen hätten ... Verschiedene Formen des Menschseins.

(Peter Pisa, Kurier. 4 von 5 Sternen)

Ludwig Laher wühlt unermüdlich, gibt Tätern und Opfern ein Gesicht. Manche Erzählfäden im Prosawerk „Schauplatzwunden“ laufen zusammen, andere verlieren sich im Dunkel der Massenvernichtung. (…) Das brillant geschriebene, niederschmetternde Buch, eine nochmalige Vertiefung von Lahers Roman „Herzfleischentartung“ von 2002, viele neue Quellen fließen mit ein. Verfasst in nüchterner, klarer Sprache, hält sich Laher diesmal merklich zurück, was literarische Zuspitzung mittels entmenschlichter Sprache der Täter und des „gesunden Volksempfindens“ anlangt.

(Christian Pichler, Oberösterreichisches Volksblatt)

"Herzfleischentartung", "Folgen", "Verfahren", "Bitter", "Schauplatzwunden"... Keineswegs alle von den vielen Büchern, die Ludwig Laher bisher geschrieben hat, haben nur ein einziges Wort im Titel wie die genannten. Aber sie zählen zum Allerbesten eines beachtlichen Oeuvres, das seit den 80er-Jahren gewachsen ist und aus erzählender und essayistischer Prosa, Lyrik, Hörspielen, Drehbüchern und Übersetzungen besteht. (...) Selbst Hartgesottenen sollte unter die Haut gehen, was Ludwig Laher hier beschreibt, schildert, erzählt, analysiert und akribisch belegt. Die genaue Recherche ist ein Markenzeichen des Autors wie auch sein Sich-selbst-dabei-Hinterfragen. Hinter allem ein großes Fragezeichen: Kann so etwas in Krisenzeiten wie den unsrigen wieder passieren?

(Matthias Part, kulturbericht oberösterreich)

Laher recherchierte für sein eben erschienenes Buch Schauplatzwunden die Geschichte von zwölf Menschen, die während der NS-Zeit im Lager St. Pantaleon-Weyer interniert waren oder mit den Verbrechen dort in Berührung kamen: als Verantwortliche, aber auch als zugezogene Ärzte oder zuständiger Staatsanwalt. Der Autor stützt sich dabei auf penibel recherchierte Fakten – das macht diese Prosa doppelt erschütternd. (...) Laher, der in St. Pantaleon und Wien lebt, zeichnet in Schauplatzwunden nach, was sich damals dort zutrug – er schildert dabei Gewaltexzesse, die selbst manchem NS-Sympathisanten zu viel wurden. Er schildert die Willkür, mit der Personen überhaupt in dieses Lager gelangten. Und er zeichnet, wo es die Aktenlage hergab, auch nach, wie die Biografie der Beschriebenen oder deren Familiengeschichte nach dem Aufenthalt in St. Pantaleon-Weyer beziehungsweise nach der NS-Zeit weiterging. Damit erzählt das Buch nicht isoliert von den Gräueltaten von damals, die in ihren Details und ihrer Willkür schwer verdaulich sind. (...) Das Buch erzählt davon, wie Menschen, die sich sogar noch während der NS-Zeit bemühten, hier dagegen zu arbeiten, irgendwann so gebrochen und gezeichnet waren, dass sie nach 1945 nicht mehr die Kraft hatten, für eine umfassende Aufklärung zu sorgen.

(Alexia Weiss, wina. Das jüdische Stadtmagazin)

Lahers Erkenntnisinteresse gilt dem einzelnen Subjekt in seiner/ihrer Individualität und zugleich den kollektiven Einbindungen, den vielfältigen Vernetzungen und Abhängigkeiten. Lahers Empathie für das geschundene Individuum, die „Atrozitäten“ der Täter, die „erbärmliche Kumpanei angesehener Institutionen“ und die begrenzten Handlungsspielräume in Zeiten des Nazi-Terrors spiegelt sich in seiner Stilistik wider, die sich nicht scheut, die eigene Betroffenheit und Empörung hin und wieder in sarkastischen Sätzen zu verdichten. Auch dies macht diese Lektüre packend und wäre ohne dieses Element defizient und kalt.

(Karl Müller, literaturkritik.de)

Nichts ist vergangen. Davon ist Ludwig Laher überzeugt. In seinem akribisch recherchierten Buch "Schauplatzwunden" führt er die Lebensgeschichten von zwölf Menschen rund um das NS-Lager im oberösterreichischen St.Pantaleon-Weyer zusammen. Er erzählt von den Inhaftierten, darunter Roma und Sinti, aber auch von Lageraufsehern, Mitgliedern der NS-Justiz und einfachen Dorfbewohnern. (...) Anhand von Einzelschicksalen zeichnet Laher in seinem Buch das Bild der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft nach, deren Wunden bis heute sichtbar sind.

(Sophie Weilandt, Zeit im Bild, ORF)

In seinem neuen Buch "Schauplatzwunden" greift Ludwig Laher ein bedrückendes Thema auf, mit dem er sich schon einmal beschäftigt hat: den NS-Lagerkomplex Weyer / St. Pantaleon. "Herzfleischentartung" (2001) war ein dokumentarischer Roman, in "Schauplatzwunden" verzichtet Laher auf die Fiktionalisierung. Er hat die Biografien von zwölf Menschen recherchiert, die nur eines verbindet, die Lagererfahrung – als Opfer oder als Täter. In alphabetischer Folge reiht Laher die zwölf Lebensskizzen aneinander, Verknüpfungen entstehen ohnedies durch den Schauplatz und den Schrecken der sich wiederholenden Ereignisse. (…) Dass Ludwig Laher diese Geschehnisse in Erinnerung ruft, ist begrüßenswert.

(Christian Schacherreiter, Oberösterreichische Nachrichten)

Ludwig Laher spürt in seinem neuen Buch "Schauplatzwunden" der Geschichte der Region nach und verknüpft zwölf Schicksale, die um den Lagerkomplex St.Pantaleon-Weyer kreisen. (...) Es sind Figuren, die real existierten, deren Namen etwa noch beim Kriegerdenkmal in Ried nachzulesen sind, und denen der Autor anhand alter Fotos oder Schriftstücke nachspürte. Bereits in seinem Bestsellerroman "Herzfleischentartung" näherte er sich dem Thema an, inzwischen hat er seine Recherche weiter vertieft. (...) Im Werk tritt er als Ich-Erzähler auf, der teilweise ganz persönlich seine Eindrücke vom Gefundenen schildert und über das Leben seiner Figuren berichtet. Zu lesen ist etwa über das "Zigeunerkind" Amalia Blach, über den Germanisten Dr. Edmund Haller bis hin zu August Steininger, den Lagerkommandanten von Weyer. Thematisiert wird auch die Nachkriegszeit und "der mangelnde Wille der Republik Österreich, die überlebenden Opfer zu stützen und die Täter einer gerechten Strafe zuzuführen."

(Theresa Senzenberger, Tips Braunau)

Laher beleuchtet nicht nur die perfide Brutalität der Lagerverwaltung, er erforscht akribisch die Unterschlagung der sechsstelligen Summe der Entlohnung für den Arbeitseinsatz der Insassen, und auch die Tätigkeit des Oberstaatsanwaltes, NSDAP- Mitgliedes Josef Neuwirth, der bereits 1941 versucht die Tötungen im Lager (unterstellt dem Gauleiter Eigruber) an den Justizminister im Altreich aktenkundig zu machen und die darauf aus dem Lager Weyer nach Mauthausen deponierten Lagerinsassen zu vernehmen. Ein mehr als spannendes Werk, dem es nicht um Schuld – Unschuld, Böse- Gut-Zuweisungen, sondern um die undurchsichtige Gemengelage zur Zeit der Schreckensherrschaft geht!

(Eva Riebler, litges.at)

Der Reichsstatthalter und Gauleiter von Oberdonau (Oberösterreich), August Eigruber, richtete 1940 in Konkurrenz zur SS gemeinsam mit der SA "Arbeitserziehungslager für asoziale Elemente" als regionale Infrastrukturmaßnahme ein. (...) Die dort verübten Gräuel wie zum Beispiel "Weihnachtsbescherungen" als Prügelorgien spotten jeder Beschreibung. Laher möchte wie schon in seinem Dokumentationsroman "Herzfleischentartung" "Menschen aus Weyer ihrer Spurlosigkeit entreißen". (...) Zugleich dekuvriert er die auf lächerliche Anklagepunkte beschränkten Nachkriegsprozesse und die "verblüffende Großzügigkiet" der österreichischen Justiz.

(Peter Vodosek, ekz-Informationsdienst)

Ludwig Laher verknüpft in seinem bewegenden Buch "Schauplatzwunden" zwölf Leben. (...) Für das aufwendig recherchierte Buch hat Ludwig Laher tausende Aktenseiten udn Dokumente ans Tageslicht gefördert und Zeitzeugengespräche geführt. Er erzählt von Opfern, Tätern und einfachen Dorfbewohnern.

(Daniela Wagner, Premiere, ORF)

Ludwig Laher zeichnet in »Schauplatzwunden. Über zwölf ungewollt verknüpfte Leben« (Czernin Verlag) tatsächliche Biographien literarisch nach. Verbunden sind sie allesamt durch dem Umstand, dass sie 1940 und 1941 im Arbeitserziehungslager in Weyer-Sankt Pantaleon inhaftiert oder tätig waren. Schon für »Herzfleischentartung« (2001) hatte Laher über die Schrecken des Nationalsozialismus recherchiert, (...).So kehrte Josef Mayer zu Weihnachten 1940 zum Fronturlaub zurück, wo er den Bürgermeister im Bett seiner Frau findet, aber er, der Betrogene, wird ins Lager verfrachtet, wo er an den Folgen der Folter verstirbt. Zwar stirbt Alois Auleitner, der zum Kriegsdienst nach Lothringen einberufen wird, von dort aber desertiert, nicht im Arbeitslager, wo er als asozial interniert wird, aber später doch als Soldat im Krieg. Als sog. Asoziale kommt auch Maria Haas ins Arbeitserziehungslager, zur »Behebung der Zigeunerplage«; sie wird dort ein Kind gebären, das nach nur vier Wochen an »Lebensschwäche« krepiert.

(lmv, oesterreich-bibliotheken.at)

Laher beschreibt in seinen 12 Lebensgeschichten „Menschen wie du und ich“ – sie haben nur zur falschen Zeit am falschen Ort gelebt. Er hat anonymen Opfern einen Namen und eine Geschichte gegeben. Er hat aber auch die Täter beim Namen genannt und ihre Schandtaten nicht verschwiegen – auch die besondere Rolle der katholischen Kirche, deren deutsch-treuer Bischof Hudal die Naziverbrecher vor ihren Verfolgern nach Übersee in „Sicherheit“ brachte…. (…) Ein Mahnmal gegen den Faschismus!

(Anni Lemberger, dorfzeitung.com)

In St. Pantaleon, Bezirk Braunau, war 1940/41 ein todbringendes "Arbeitserziehungslager" des oö. Naziregimes. Im Buch "Herzfleischentartung" hat Ludwig Laher auf Basis von Dokumenten dieses Lager nacherlebbar gemacht. Mit „Schauplatzwunden“ stellt der Autor Lebensgeschichten von Menschen vor, wie sie in dieses Lager verstrickt worden sind, wie sie damit eine Last lebenslang zu tragen hatten. Ein Einblick in das Gedankengut des Nationalsozialismus, aber auch in sein zähes Überleben.

(muehlviertel.at)